Prof. Dr.-Ing. habil. Arnim Nethe | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
ForschungMagnetische Flüssigkeiten - Ferrofluide
Die häufigste Anwendung der Ferrofluide ist zur Zeit zweifelsfrei die als Dichtung. Durch Permanentmagnete wird das Ferrofluid an der Dichtungsstelle gehalten und kann dabei sogar starkem Druck widerstehen. Selbst nach Unterschreiten des Durchbruchdruckes wird nach Drucknormalisierung die volle Dichtfähigkeit wiederhergestellt. Haupteinsatzgebiet sind Wellendurchführungen. Die Flüssigkeit kann sich verschleißfrei der ständig ändernden Dichtöffnungen anpassen.
Anzutreffen sind solche Dichtungen beispielsweise bei schnell drehenden Plattenlaufwerken, um den Informationsträger gegen Staub zu schützen. Wegen der hohen Zuverlässigkeit setzt man diese Dichtungen auch in der Raumfahrt ein. Um allerdings den Normaldruck gegenüber Vakuum abzudichten benötigt man ca. sechs hintereinandergeschaltete Ringe. Aufgrund verschärfter Umweltschutzgesetzgebung werden Ferrofluiddichtungen immer mehr in der chemischen Industrie verwendet, insbesondere um zu verhindern, dass toxische Stoffe in die Atmosphäre entweichen können.
Dämpfung bedeutet, eine Bewegung abzubremsen. Dabei wird die überschüssige Energie meist in Wärme umgesetzt. Im Wesentlichen gibt es zwei Möglichkeiten, mit Hilfe von Ferrofluiden einer Bewegung Energie zu entziehen: Einerseits durch direkten mechanischen Kontakt und andererseits über eine magnetische Kopplung, die dann der Flüssigkeit eine Strömung gibt, welche die entstehende Reibungswärme abführt. Die entstehende Reibungswärme wird einfach durch die Strömung abgeführt werden. Selbst bei offenen Systemen ist kein Flüssigkeitsverlust zu verzeichnen.
Bei der Lagerung wird hauptsächlich die gleitende Eigenschaft der Trägerflüssigkeit ausgenutzt. Der Vorteil der Ferrofluide besteht darin, dass diese durch Permanentmagnete am Wegfließen gehindert werden können. Außerdem wird durch das Magnetfeld ein zusätzlicher Druck erzeugt. Als Beispiel sei eine magnetisierte Welle, die sich in einer unmagnetischen Lagerschale befindet, genannt. Die Welle ist so magnetisiert, dass sich in Längsrichtung die Pole ständig abwechseln. Das ergibt ein Feldbild, bei dem die magnetische Feldstärke mit wachsendem Abstand von der Welle abnimmt. In unmittelbarer Wellennähe ist die Druckkraft am größten. Die Welle wird somit immer in Richtung Lagermittelachse gedrückt.
Ferrofluide kann man auch nutzen, um nichtmagnetische Stoffe verschiedener Dichte voneinander zu trennen. Dazu sind diese in das Ferrofluid zu bringen, welches sich zwischen den Polen eines Elektromagneten befindet. Im negativen Feldgradienten erfahren sie einen zusätzlichen Auftrieb. Stoffe einer ganz bestimmten Dichte schweben dann. Materialien mit einer größeren Dichte sinken auf den Boden oder fallen unten aus dem Ferrofluid heraus. Die übrigen Stoffe schwimmen an der Oberfläche. Durch Veränderung des Feldes wird ein Stoffgemisch nacheinander in seine Bestandteile zerlegt. Mit entsprechenden Bestückungs- und Entnahmevorrichtungen lässt sich dieser Prozess automatisieren. Eingesetzt wird dieses Verfahren bei der Gewinnung von Gold und Edelsteinen, sowie in der Automobilindustrie bei der Rückgewinnung von Bunt- und Edelmetallen aus geschredderten Autoteilen und bei der Entsorgung von Elektronikschrott. Bei Letzterem werden schwerere schadstoffbelastete Kondensatoren aus dem Gemisch herausgezogen und einer umweltgerechten Entsorgung zugeführt.
Für medizintechnische Anwendungen sind vor allen Dingen die Teilcheneigenschaften von Interesse. So finden Ferrofluide zum Beispiel Anwendung als Kontrastmittel bei Röntgendarstellungen und zur Durchlässigkeitsprüfung von Gefäßsystemen. Durch äußere Felder können Wirksubstanzen mit Hilfe von Ferrofluid als Träger an einer gewünschte Stelle im Körper positioniert werden. Das Ferrofluid lässt sich schließlich durch Magnete wieder aus dem Blutkreislauf entfernen. Ferrofluide erwärmen sich wegen der angeregten Teilchenbewegung in einem magnetischen Wechselfeld. Durch gezieltes Einbringen in Krebszellen kann man diese dann durch Überhitzung (Hyperthermie) zerstören. Dabei hat sich als sehr positiv erwiesen, dass sich die magnetischen Flüssigkeiten besonders an Lebermetastasen anlagern.
In die Sensortechnik haben Ferrofluide als Druck-, Neigungs- oder Beschleunigungssensoren Eingang gefunden. Ihre Aufgabe ist es dabei, die mechanische Größe durch Änderung der Induktivität einer Spulenanordnung in eine elektrisch messbare umzuwandeln. Dies geschieht, indem das Ferrofluid die Spule mehr oder weniger ausfüllt.
Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Anwendungen erwähnt, die der grafischen Darstellung dienen. Das ist zum ersten ein Tintenstrahldrucker, der eine magnetische Flüssigkeit als Tinte benutzt. Das Funktionsprinzip ist ähnlich dem einer Bildröhre. Ein Tintenstrahl wird in einzelne Tröpfchen gequantelt und dann durch Magnetfelder in horizontaler und vertikaler Richtung abgelenkt.
Beim zweiten Beispiel handelt es sich um ein grafisches Display, dessen Segmente zwei Flüssigkeiten, eine magnetische, undurchsichtige und eine unmagnetische, transparente, beinhalten, welche sich gegenseitig verdrängen und somit ein Feld sichtbar machen oder verdecken. Ferner werden Ferrofluide auch dazu eingesetzt, Magnetisierungen auf Magnetbändern bzw. Magnetplatten aber auch in der Werkstofftechnik zu visualisieren.
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